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Sauschädelgericht zu Fasching

Sauschädelgericht zu Fasching im Lavanttal & Wolfsberg

Helmut Timmerer aus St. Johann über die Tradition des Sauschädelgericht zu Fasching.
Helmut Timmerer mit dem Gesetzbuch zum Sauschädelgericht
Helmut Timmerer mit dem Gesetzbuch zum Sauschädelgericht

Im Fasching braucht der Teufel neun Häut’, ...

... sei’s vom Vieh oder von die Leut! Der alte Faschingsbrauch des Sauschädelgerichts und Sauschädelballs, der auch und besonders im Lavanttal seine Hochblüte etwa in den 1960-ern erlebte, wird auch heute noch vereinzelt gepflegt.

Bei über dreißig „Gerichtsverhandlungen“ an vorderster Front dabei war der pensionierte Berufsschullehrer und ehemalige Installationsunternehmer Helmut Timmerer aus St. Johann. „Früher, in den Sechzigern und zu dieser Zeit, war der Sauschädelball die einzige Faschingsunterhaltung. Es hat kaum jemand einen Fernseher gehabt, da war das noch ganz anders als heute“, hält Helmut Timmerer aus St. Johann fest, der bei über dreißig Sauschädelbällen im ganzen Lavanttal federführend gewirkt hat.

Die Brauchhandlung an sich erklärt der Sauschädel-Richter so: „Jeder hat früher Säue gehabt, und die Schlachtungsmethoden waren noch anders, das hat man akustisch vernommen, wenn die Säue geschrieen haben.“ Und die Maschinerie wurde in Gang gesetzt: Der Nachbar sollte den zu Bestehlenden ablenken, dann wurde in einem unbeobachteten Moment der Sauschädel gestohlen. „Wir sind dann mit Wägen, zum Teil mit einer Kuh vorgespannt oder mit dem Traktor durch ganz St. Johann gefahren, um die ganze Ortschaft zu laden. Wir sind oft um 17 Uhr losgefahren und erst um drei Uhr früh wieder heimgekommen. Wenn einer beim Laden auch nur die Jause falsch serviert hat, wurde er bei der Gerichtsverhandlung bereits verurteilt. Da haben alle mitgemacht, und es kamen so viele Leute zusammen, einmal waren es an die 300, die beim Sauschädelgericht dabei waren. Das war die Sensation“, erinnert sich Helmut Timmerer schmunzelnd an teils „wilde Zeiten“.

Bei der Gerichtsverhandlung wird der Tathergang rekonstruiert, der Beschuldigte und der Angeklagte mit Tagessätzen bestraft. „Die Hauptschelme und die Mitwisser kamen am meisten dran, es ist jeder bestraft worden.“ Anstatt des typischen Hammers diente Timmerer oft auch ein sechs Kilo schwerer, großer Knochen, um den Gerichtssaal lautstark zur Ruhe aufzufordern, wodurch auch manches Möbelstück zu leiden hatte. Teils ist eine Sau im „Sitzungssaal“ herumgerannt, oft ein verlorenes, nun zur Waise gewordenes Ferkel; und manchmal starb die Sau aufgrund des rostigen Messers als Tatwaffe nicht an Blutverlust, sondern an Blutvergiftung, „das war damals einfach die einzige Gaudi, die man gehabt hat“, so der heute 64-Jährige.

Richter und Gerichtsdiener führen die Schelmen und Haupttäter vor, zum Schluss gibt’s den Schmaus mit Fleisch vom Schädel, Würsten, die zum Teil beim Laden der Gäste zusammengekommen sind, mit Kraut und allem, was dazugehört. Beim Schmaus kann auch die eine oder andere Wurst mit Sägespänen, Zahnstochern oder ähnlichem gefüllt sein. Die Sauschädelmusi, die oft auch lediglich aus einem Harmonikaspieler besteht, spielt dann auf zum Sauschädelball, einem urigen Tanz.

Der Ablauf der Gerichtsverhandlung rund um den gestohlenen Sauschädel wird laut Timmerer zuvor nicht abgesprochen: „Man macht Notizen, hat einige Stichwörter, mittels denen die Betroffenen dann beanstandet werden.“ Diese Notizen hat Timmerer traditionellerweise in das große „Sauschädelgerichtsbuch“, einem einst ausgedienten, überdimensional großen und schweren, dicken Buch mit Register von der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg, das zu diesen – ulkigeren – Zwecken entsprechend umgestaltet wurde. Und: „Man darf selbst nicht lachen, da ist man voll drin.“

„Das Wesentliche war, dass es immer lustig wird, und das ist uns immer gelungen“, zieht Timmerer Bilanz. „Es ist natürlich gut, wenn man die Leute kennt, dann kann man alle einbauen, und die Schweinebürger werden von der Staatsanwaltschaft angezeigt.“ Dazu wird auch der „Werdegang“ des Sauschädels untersucht, der oftmals auch zwei- oder dreimal gestohlen wird. Oder die Wirtin hat zu wenig eingeheizt, sodass der Sauschädel nicht durch ist oder gar noch atmet. „Es kommt halt jeder dran, das hielt die Dorfgemeinschaft damals zusammen. Das ist wichtig“, sagt Helmut Timmerer.

Heute geriete der Brauch zunehmend ins Hintertreffen: „Es verkommt irgendwie, und mir tut’s leid darum, mir war es etwas wert. Es ist heute einfach nicht mehr das Zeitalter dafür. Es darf auch daheim nicht mehr einfach so geschlachtet werden, das ist vielleicht auch ein Grund, warum es nicht mehr so läuft.“ Etwa 1995 habe er damit aufgehört, „aber ich werde noch immer oft darauf angesprochen“, sagt der Experte nicht ohne Schmunzeln. Jedoch: „Mit Aschermittwoch wurde gefastet, und das war dann auch so.“

Margot Hohl 2009 für die WZ

Bernd Krammer von Lovntol.at

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